Krankenversicherung: Wirtschaftweiser Truger plädiert für höhere Steuerzuschüsse – …

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Berlin (ots)

In der Debatte über die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung plädiert der Wirtschaftsweise Achim Truger für höhere Steuerzuschüsse. Eine Erhöhung des Steuerzuschusses, die auch im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, um höherer Beiträge für Bürgergeld-Beziehende zu finanzieren, „wäre sehr sinnvoll“, sagte Truger der Tageszeitung „nd“ (Samstagausgabe). „Es ist mir unverständlich, dass diese Lösung innerhalb der Ampel mit Hinweis auf die knappe Kasse des Bundes blockiert wird“, so Truger. Denn „die schlechte Finanzlage im Haushalt hat sich die Koalition mit der frühzeitigen Rückkehr zur Schuldenbremse im laufenden Jahr und dem großzügigen Abbau der kalten Progression selbst eingebrockt“.

Wenn sich daran nichts ändere, „bleibt gar nichts anderes übrig, als die Beitragsbemessungsgrenze zu erhöhen, wenn man nicht die Beitragssätze allgemein anheben möchte“, betonte Truger mit Blick auf den jüngsten Vorschlag von Politikerinnen der SPD und der Grünen.

SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt hatte angeregt, über eine „deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze“ in der gesetzlichen Krankenversicherung zu diskutieren. Derzeit werden Krankenkassenbeiträge nur bis zu einem Bruttogehalt von 4987,50 Euro im Monat erhoben. Die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze würde die Anzahl der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung erhöhen und das System stabilisieren, so Truger.

Auch der Sozialwissenschaftler Gerhard Bäcker von der Universität Duisburg-Essen hält den Vorschlag für eine gute Möglichkeit, um die Finanzierung des Gesundheitswesens zu stabilisieren. Zwingend notwendig sei dabei, gleichzeitig die Versicherungspflichtgrenze entsprechend anzuheben, sagte der Experte für Sozialpolitik dem „nd“. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich Besserverdienende, die jetzt freiwillig gesetzlich versichert sind, nicht dazu entscheiden, aufgrund der steigenden Beiträge in die private Krankenversicherung (PKV) zu wechseln.

Der Gesundheitsökonom Heinz Rothgang sagte mit Blick auf die Frage, woher zusätzliche Mittel für die Krankenversicherung kommen können: Man könne über höhere Steuerzuschüsse reden oder die allgemeinen Beitragssätze anheben. Letzteres würde alle treffen, auch Einkommensschwache. Eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze würde hingegen nur Einkommensstärkere treffen, sagte der Professor an der Universität Bremen dem „nd“.

Das Solidarprinzip sei ein normativer Grundsatz in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Das heiße konkret: Wer ökonomisch leistungsfähiger ist, zahlt mehr. Bei höheren Arbeitseinkommen sind höhere Beiträge fällig. „Die Beitragsbemessungsgrenze durchbricht dieses System.“ Insofern könnte man sogar eine komplette Abschaffung fordern, so Rothgang, was er nicht tue, weil man dann fragen könne, ob die Versicherungsbeiträge noch in einem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen stehen. „Eine Anhebung halte ich aber auch rechtlich für unproblematisch“, betonte Rothgang.

Kurzfristige und deutliche Einsparungen der Krankenkassen hält er für unrealistisch. Zwar gebe es immer „Ineffizienzen im Gesundheitsbereich“. Als wichtiges Beispiel nennt er die unzureichende Verzahnung von Leistungen wie Vorsorge, ambulante und stationäre Behandlung und Reha. „Doch das wird seit Jahrzehnten beklagt und wird sich bestenfalls langfristig ändern.“

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