Scholz‘ Zögern / Kommentar von Friedrich Roeingh zu den Panzerlieferungen

Allgemeine Zeitung Mainz

Mainz (ots)

„Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“ Gemäß der Helmut-Kohl-Maxime hat Olaf Scholz bei der in vielerlei Hinsicht quälenden Debatte um Kampfpanzer-Lieferungen an die Ukraine alles richtig gemacht. Eine Allianz mehrerer europäischer Staaten wird der Ukraine gleich zwei Bataillone mit Leopard-2-Panzern zur Verfügung stellen. Und mit der Beteiligung der USA, die sich in der Frage der Panzerlieferungen zunächst nicht angesprochen fühlten, stehen Deutschland und Europa nicht alleine da. Dieser Teil der Entscheidung ist nicht nur symbolisch, weil wir gewiss am Beginn und nicht am Ende von Panzerlieferungen stehen. Natürlich hat die Bundesregierung Nebelkerzen geworfen, als der neue Verteidigungsminister die Losung ausgab, man müsse erst einmal prüfen lassen, welche Panzer für eine Lieferung zur Verfügung stünden. Tarnen und Täuschen gehört nun einmal ebenso zur politischen wie zur militärischen Taktik.

Was der Kanzler noch immer nicht ausgesprochen hat, sind freilich die Gründe, warum er sich mit der Entscheidung so schwergetan hat. Wenn sich der Westen von Putins Abnutzungskrieg nicht beeindrucken lässt, wenn er massiv dagegen hält, steigt die Gefahr von Anschlägen auf unsere Infrastruktur mehr als deutlich. Man mag darüber streiten, ob es klug ist, darüber zu sprechen. In jedem Fall aber war es vor dem Hintergrund dieser sehr realen Gefahr richtig, dass Deutschland nicht als Treiber dieser neuen Qualität der kriegerischen Auseinandersetzung dasteht. Von russischer Seite werden „deutsche Panzer an der Ostfront“ auch so schon dazu benutzt, die „militärische Spezialoperation gegen die Faschisten in der Ukraine“ als eine Fortsetzung des großen vaterländischen Krieges gegen Nazi-Deutschland umzudeuten.

Was Scholz auch nicht gesagt hat, aber hätte sagen müssen: Mit der Lieferung von Kampfpanzern ist es nicht getan. Europa braucht ganz schnell einen Masterplan, um seine Rüstungsindustrie auszubauen. Am dringendsten bei der Munition. Ohne diese mehr als unsympathische und gewiss nicht mehrheitsfähige Konsequenz der Zeitenwende werden Putin, sein Umfeld und hoffentlich bald auch seine Konkurrenten im Kreml nicht an der Logik des Abnutzungskrieges zweifeln. Nein, Kampfpanzer für die Ukraine sind kein Beitrag zum Frieden – zu dem Wladimir Putin in keiner Weise bereit ist. Sie sind unser bisher bitterster Beitrag zur Verteidigung der freiheitlichen Ordnung in Europa. Einer Ordnung, für die Ukrainer zu Zehntausenden ihr Leben lassen. So bitter ist und bleibt einstweilen die Lage.

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